Was wird akzeptabel sein?
Die massiven Proteste der Bauern gegen die Sparvorhaben der Ampelkoalition haben bis dato nicht zum gewünschten Ergebnis der kompletten Rücknahme der Steuererhöhung für Agrardiesel geführt. Gleichwohl ist aufgrund des Drucks auf der Straße und durch die große Sympathie, die die Bauern in der Bevölkerung genießen, Bewegung in die politische Diskussion gekommen. Die Politiker der Ampelkoalition machen mehr oder weniger brauchbare Vorschläge, um die Landwirte zu besänftigen. Das reicht von kaum glaubhaften Versprechen, Bürokratie abzubauen oder die Marktposittion der Landwirtschaft in der Lebensmittelkette zu stärken, bis hin zu umsetzbaren Vorschlägen wie die Steuerbefreiung für Biokraftstoffe, eine steuerliche Gewinnglättung oder die seit Jahren vom Berufsstand geforderte steuerfreie Risikoausgleichsrücklage. Dies zumindest würde allen Betrieben etwas bringen. Auf der anderen Seite macht die Ampel klar, dass sie beim Agrardiesel nicht über den sogenannten Kompromiss der Abschmelzung hinausgehen will. Sie müsste befürchten, dass sie bei einer kompletten Rücknahme der Vorschläge gänzlich an Ansehen verliert und auch Forderungen anderer Gruppen nachgeben müsste. Demgegenüber stehen die hohen Erwartungen im Berufsstand, auch angesichts der nie dagewesenen Mobilisierung und des riesigen Engagements der Protestteilnehmer. Welches politische Angebot wird akzeptabel sein?
Die Steuererhöhung auf Agrardiesel ist und bleibt ungerecht und einseitig. Das hat selbst Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zum bemerkenswerten Bekenntnis veranlasst, das er auf der Grünen Woche wiederholt hat. Dass er nämlich den Vorschlag der Ampelspitze so nicht gemacht hätte. Da er aber als Regierungsmitglied nicht dagegen rebellieren will, dringt er darauf, den sogenannten Kompromiss mit der Beibehaltung der Kfz-Steuerbefreiung zu akzeptieren. Auch die Erklärung von Finanzminister Christian Lindner zu Beginn der Proteste, offen für alternative Vorschläge zu sein, erhärtet den Vorwurf, dass die Sparpläne willkürlich sind. Auch diese Willkur treibt die Empörung an.
Cornelius Mohr – LW 4/2024