Die alten Probleme bleiben

Im vergangenen Jahr haben langandauernde globale Entwicklungen eine Zuspitzung erfahren und sind dabei auch der Allgemeinheit sehr deutlich vor Augen geführt worden. So haben der russische Überfall auf die Ukraine und die Blockaden der Schwarzmeerhäfen gezeigt, wie schnell Getreide knapp werden kann, und dass dies drastische Folgen für Länder hat, die auf Importe angewiesen sind. Dass diese Länder in Afrika und im Nahen Osten immer abhängiger von den Lieferungen werden, war angesichts der dort stark wachsenden Bevölkerungen aber schon lange klar. Da ein Ende des Krieges in der Ukraine nicht absehbar ist, und Russland nicht davor zurückschreckt, den Getreideexport als politische Waffe einzusetzen, werden Ernährungskrisen noch wahrscheinlicher.

Hierzulande hat sich erst im vergangenen Jahr die große Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen offenbart. Der Stopp der Lieferungen trifft auf eine ohnehin knappe Versorgungslage mit eigener Energie, die durch den schnellen Ausstieg aus der Atomenergie und aus der Kohleverbrennung selbst verursacht wird.

Gerade bei der Energiewende wurde eine weitere nationale Entwicklung sehr deutlich: der Fachkräftemangel. Ohne Ingenieure und Handwerker, die Anlagen zur Energieerzeugung bauen und installieren können, kann der Weg hin zu erneuerbaren Energien nicht gelingen. Der Mangel an Fachkräften wird sich in allen Wirtschaftssektoren, auch in der Landwirtschaft, immer stärker bemerkbar machen und frühere Selbstverständlichkeiten infrage stellen. Auf betrieblicher Ebene muss man Wachstumsschritte überdenken, wenn keine Automatisierung möglich ist. Der Verbraucher wird sich daran gewöhnen müssen, noch länger auf Handwerker zu warten.

Auch die Warteschleifen in der Verwaltung werden länger. Die Politik muss deshalb erkennen, dass es nicht ausreicht, Budgets und Regeln aufzustellen. Sie müssen auch an die Umsetzung denken, die wegen der zunehmenden Komplexität immer mehr Fachkräfte erfordert und daran zunehmend scheitern wird. Die alten Probleme bleiben, und das neue Jahr wird nicht einfacher.

Cornelius Mohr – LW 1/2023