Wie bleibt die Union attraktiv?
Viele Bauern haben am vergangenen Wochenende aufmerksam auf den digitalen Parteitag der CDU geschaut. Sie gehören, wie die vergangenen Wahlanalysen belegen, immer noch in großen Teilen zur Stammwählerschaft der Union. Mutmaßlich hätten die meisten Landwirte lieber Friedrich Merz anstelle von Armin Laschet als Parteivorsitzenden und damit als potenziellen Kanzlerkandidaten gesehen.
Merz steht für einen wirtschafts- und unternehmerfreundlichen Kurs der Union, der in den vergangenen Jahren nicht recht zum Zuge gekommen ist. In den Koalitionsregierungen mit der SPD haben die von den Sozialdemokraten lancierten Gesetzgebungen und Initiativen dominiert, die vor allem mit arbeitsmarktpolitischen Vorgaben unmittelbar in die Unternehmen und Tarifautonomie eingreifen. Das gilt für das Mindestlohngesetz von 2014, das gerade die Sonderkulturbetriebe betrifft, bis zum jetzt eingeführten Verbot von Werkverträgen und sogar von Leiharbeit speziell für die Fleischindustrie bis hin zum aktuell von Arbeitsminister Hubertus Heil geforderten Recht auf Heimarbeit.
Eine auf die Bedürfnisse der Unternehmen stärker eingehende Wirtschaftspolitik in einer künftigen Bundesregierung nach der Ära Merkel wäre begrüßenswert. Allerdings könnte das auch mehr Freihandel zum Vorteil der (Maschinen und Auto-) Industrie wie beispielsweise im Rahmen von Mercosur bedeuten, den die Landwirtschaft wegen der unterschiedlichen Produktionsstandards ablehnt.
So wie es derzeit aussieht, hat die Union wiederum gute Chancen, eine Koalitionsregierung zu bilden. Ein möglicher Regierungspartner, gegebenenfalls die Grünen, wird eher dirigistisch in die Landwirtschaft eingreifen wollen als die Union. Um für die Mehrheit der landwirtschaftlichen Wählerklientel attraktiv zu bleiben und um ein Signal zu setzen, täte sie gut daran, das Agrarressort für sich zu reklamieren. Mit Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die gerade einen guten EU- und Bundesagrarhaushalt verhandelt hat, sich für eine vernünftige Balance von Ökonomie und Ökologie einsetzt und sich dabei im Bundeskabinett tapfer schlägt, wäre die Union gut aufgestellt.
Cornelius Mohr – LW 3/2021