Mehr als erwartet
Angesichts der Bedeutung der Direktzahlungen für die Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe ist die Einigung des EU-Rats über den Mehrjährigen Finanzrahmen von 2021 bis 2027 und das Budget für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und dessen Höhe eine beruhigende Nachricht. Der Kommissionsvorschlag vom Mai 2018 sah noch Kürzungen vor, jetzt wurde ein leichtes Plus im Vergleich zum aktuellen Haushalt verabschiedet. Die Corona-Pandemie hatte auch hier ihre Wirkung, wie die zwischenzeitlichen Vorschläge der Kommission vor und nach dem Eintritt der Krise zeigen. Für die Erste Säule (Direktzahlungen und Marktmaßnahmen) bedeutet dies 4,9 Mrd. Euro mehr im Vergleich zum Kommissions-Vorschlag vom Mai 2018. Aufgrund der neu eingeführten Obergrenze für die Direktzahlungen innerhalb der Ersten Säule und der weiteren Angleichung der Zahlungen zwischen den Mitgliedstaaten rechnet der Deutsche Bauernverband mit einer Kürzung der deutschen Direktzahlungen um 2,9 bis 3 Prozent, die bereits 2020 wirksam werden. Hinzu kommt noch die Umschichtung von der Ersten in die Zweite Säule, die schon im kommenden Jahr 6 Prozent beträgt. Künftig werden die EU-Mitgliedstaaten allerdings die Möglichkeit haben, bis zu 25 Prozent umzuschichten.
Noch vor einem Jahr war damit zu rechnen, dass das Finanzloch, das der Brexit verursacht, zu bedeutenden Kürzungen im GAP-Haushalt führen würde. Auch die zunehmende Infragestellung der Finanzierung einer Gemeinsamen Agrarpolitik und der Bedeutungsanstieg beispielsweise von Klimaschutz und Migration ließen stärkere Einschnitte befürchten. Dass es nicht so gekommen ist, hat auch mit der wieder gestiegenen Wertschätzung einer eigenen Nahrungsmittelversorgung und einer beharrlichen Arbeit des Berufsstandes zu tun. Dabei werden die Agrarzahlungen mit immer strengeren Umwelt- und Tierwohlauflagen verbunden, die die Produktion in der Tendenz verteuern werden. Die Landwirtschaft ist dazu angehalten, sich ständig weiter zu verbessern, insbesondere beim Klimaschutz. Im Vergleich zu den enormen Zuschüssen im Rahmen des Wiederaufbauplans stellt die Agrarförderung hier viel verbindlichere Bedingungen.
Cornelius Mohr – LW 31/2020