Eine herausfordernde Lese steht bevor

Die Lese startete vereinzelt mit der Ernte von Solaris und Ortega für den ersten Federweißen. Für die Sekterzeugung wird voraussichtlich Ende August/Anfang September gelesen. Mit dem Beginn der Hauptlese von Sorten wie Müller-­Thurgau wird in der zweiten Septemberwoche gerechnet. Die Ernteerwartungen sind regional sehr verschieden. Saale-Unstrut und Sachsen rechnen wegen der Spätfrostschäden mit 20 bis 30 Prozent einer normalen Ernte. Auch Franken, Württemberg, Mosel und Rheinhessen erwarten Ertrags­einbußen. Nur die Pfalz kam fast unbeschadet davon. Insgesamt wird mit einer etwas kleine­ren Ernte gerechnet.

Den größten Teil des deutschen Weins vermarktet der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und der Absatz geht stetig zurück, denn die Verbraucher reagieren auf die Preissteigerungen. Bei einem Fassweinpreis von einem Euro pro Liter können die deutschen Winzer derzeit, selbst in vollmechanisierten Flachlagen, nicht kostendeckend erzeugen. Die Weinwirtschaft steht vor der Herausforderung, wie für den LEH ökonomisch und ökologisch nachhaltig produziert werden kann. Die Regale werden mit ausländischem Wein bestückt, der günstiger ist, zum Beispiel durch geringeren Mindestlohn.

2024 ist ein sehr arbeitsintensives Jahr für die Winzer, denn das regenreiche erste Halbjahr brachte enormen Pflanzenschutz­aufwand mit sich. Im konventio­nellen Weinbau waren oft zehn Spritzungen notwendig, Ökoflächen brauchten bis zu 16 Behandlungen. Gleichzeitig sind die Reben aufgrund der guten Wasserversorgung gut gewachsen, was intensive Laubarbeiten und häufigen Laubschnitt zur Folge hatte. Die meisten Betriebe sind schlagkräftig und konnten mit der Situation umgehen, sodass die Reben derzeit überwiegend gut dastehen. Allerdings ist die Witterung der nächsten Wochen entscheidend. Die Trauben drohen bei weiterem Regen aufzuplatzen und es besteht die Gefahr eines Kirsch­essig­fliegenbefalls. Bleibt zu hoffen, dass es nicht so turbulent wie im letzten Jahr wird und die Winzer auch in der Ernte mal schlafen können.

Vorhersagen sind schwierig, aber wenn es sonnig und trocken bleibt, ist ein qualitativ guter Weinjahrgang 2024 zu erwarten.

Bettina Siée – LW 35/2024