Die Länder sind am Zuge

Ob die eine Milliarde Euro zusätzlich für die Landwirtschaft ein Schweigegeld ist, wie es vergangene Woche angesichts der Bauernproteste kommentiert wurde, liegt an den Bauern selbst. Niemand kann ihnen verbieten, weiter offensiv vernünftige und sachgerechte politische Entscheidungen und Anerkennung für ihre Arbeit einzufordern. Schließlich haben die Bauern das Geld nicht eingefordert.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat es auf ihren Begegnungen mit Landwirten am Wochenende so geschildert: Ich hatte die Möglichkeit, das Geld zu bekommen, also habe ich es genommen. Ihr daraus einen Vorwurf zu machen, wäre unvernünftig. Schließlich kann man das Geld ja sinnvoll verwenden. So gesehen ist es dann doch ein Erfolg der Proteste. Gleichwohl müssen sich die Bauern jetzt mit einer Neiddiskussion auseinandersetzen, die allerdings dem Berufsstand nicht fremd ist.

Unterdessen bestehen die Gründe für die Proteste weiter. Da eine Entschärfung der deutschen Düngeverordnungs-Vorschläge an die EU kaum mehr möglich erscheint – niemand wird sich für die hohen Strafzahlungen verantwortlich machen lassen – wird sich der Druck in dieser Frage auf die Landesregierungen konzentrieren müssen.

Hier geht es um eine sachgerechte Binnendifferenzierung in den als belastet ausgewiesenen Gebieten, so dass die einschränkenden Regelungen nur dort angewendet werden müssen, wo wirklich Handlungsbedarf ist. Eine Pflicht statt einer Freiwilligkeit der Länder, wie sie Klöckner jetzt fordert, wäre dabei hilfreich. Dies stünde im Übrigen im Einklang mit der EU-Kommission, die laut Bundesministerin eine stärkere Differenzierung unterstützt.

In Rheinland-Pfalz gab es am Wochenanfang auf dem Agrargipfel von Landwirtschaftsminister Volker Wissing die Zusage, dass bei den belasteten Messstellen nach Verursachern differenziert werden soll. In Hessen haben die Bauern auf den vergangenen Veranstaltungen Landwirtschaftsministerin Priska Hinz weiter Druck gemacht, stärker nach den Verursachern zu schauen. Ein richtiger Durchbruch steht hier noch aus.

Cornelius Mohr – LW 6/2020