Mehr unternehmerisches Handeln zulassen
Zum Jahresende kann der Bauernverband noch einmal mit einem Erfolg aufwarten. Die gemeinsamen Proteste mit den Fachorganisationen gegen die Erlösabschöpfung auf Bioenergie hat im Bundestag Wirkung gehabt. Mit der erweiterten Definition der 1-MW-Schwelle im Strompreisbremsengesetz bleiben die bäuerlichen Biogasanlagen umfassend verschont. Damit wird der Beitrag der Bioenergie zur Stabilisierung der Stromproduktion anerkannt. Für den Berufsstand ist es ein positiver Schlusspunkt des Jahres, das eine nie dagewesene Dichte an agrarpolitischen Vorhaben und Entscheidungen von tiefgreifender Wirkung brachte. Die neue Gemeinsame Agrarpolitik, die ab nächstem Jahr gilt, wird nicht mehr die Einkommenswirkung haben wie ehedem. Nur in wenigen Konstellationen kann der Betrieb mit der Junglandwirteprämie auf die Höhe der bisherigen Zahlungen kommen. Auf der anderen Seite bringt die GAP noch mehr Einschränkungen und einzuhaltende Termine, die den Bauern jedes Mal, wenn er auf den Schlepper steigt, zweifeln lässt, ob er überhaupt auf den Acker fahren darf.
Von noch existenziellerer Bedeutung sind die Vorschläge der EU-Kommission zur Verminderung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes. Auch hier ist der Berufsstand auf vielen politischen Ebenen aktiv. Es ist ein noch dickeres Brett zu bohren, weil im Gegensatz zur Sicherung der Energiequellen die Möglichkeit einer Mangelsituation bei der Ernährung offensichtlich von Kommission und der sie weitgehend unterstützenden Bundesregierung (noch) nicht gesehen wird. Zur großen Verunsicherung im Berufsstand haben auch die Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zum Umbau der Tierhaltung und zur Haltungskennzeichnung beigetragen, die die Landwirte bei Investitionen in Stallbauten ausbremsen oder ganz aussteigen lassen. Insgesamt nehmen die Einschränkungen für das unternehmerische Handeln weiter zu, obwohl gerade dies wie bei der Energieerzeugung einen großen Beitrag zur Ernährungssicherheit, zum Natur-, Klima- und Artenschutz leisten kann und sich der Berufsstand dazu bekennt.
Cornelius Mohr – LW 51/2022