Apfelvermarktung – am besten ab Hof

Einst waren es Geheimrat Dr. Oldenburg, Geflammter Kardinal oder Schöner von Boskoop, heute sind es Elstar, Jonagold oder Royal Gala, die die Menschen im Herbst begeistern. Was gibt es Schöneres, als einen Apfel direkt vom Bauern zu essen? Der Apfel ist der Deutschen liebstes Obst. Jeder Haushalt in Deutschland verbraucht rund 15 kg Äpfel im Jahr. Apfelanbau wird im Lesergebiet noch im Werra-Meißner-Kreis, rund um Kriftel, in der Vorderpfalz und um Mainz im größeren Maßstab betrieben.

Die meisten Menschen, vor allem in Städten, kaufen ihre Äpfel im Supermarkt. Dort befindet sich viel Importware – aus anderen EU-Staaten wie Italien, Holland, Frankreich, Polen oder Belgien, aber auch von der Südhalbkugel wie Chile, Südafrika oder Neuseeland. Äpfel werden wie viele Waren rund um den Globus transportiert. Sie haben weite Wege hinter sich, lagern im CA-Lager unter Sauerstoff- und Kohendioxid-armen Bedingungen und füllen die deutschen Supermarktregale ab dem Frühjahr, wenn die heimischen Äpfel ihre Bissfestigkeit verlieren.

Auch jetzt mitten in der Ernte der deutschen Äpfel finden sich noch ausländische Ware in den Regalen. Ein Obstbauer sagte einmal, das sei der Fluch der CA-Lagertechnik. Nun überlappen sich die Ernten, und die Preise bleiben unten, wenn die Lager zu voll sind. Selbst für den frischesten und schönsten Apfel werden dann nur ähnliche Preise erzielt wie für die Lagerware.

Die heimischen Erzeuger schmerzt nicht nur die fehlende Wertschätzung, sondern auch die enorme Wettbewerbsverzerrung durch den hierzulande hohen Mindestlohn. Gerade jetzt achten die Menschen genau darauf, für was sie ihr Geld ausgeben und greifen eher zur billigeren Importware als zu den heimischen Äpfeln. Dazu kommt, dass den Erzeugern immer weniger Pflanzenschutzmittel zur Verfügung stehen und der Anbau im Klimawandel eine große Investition bedeutet mit Hagelschutz und Bewässerung. Die Rechnung geht nur dann auf, wenn der Betrieb eine zuverlässige Kundschaft im Hofladen aufweisen kann oder zuverlässige Marktpartner hat. Dass es Letztere nicht mehr gibt, lässt sich auch an der sinkenden Zahl der Baumobstbetriebe in Deutschland ablesen (s. S. 11).

Elke Setzepfand – LW 41/2022