Diabetes wird häufig unterschätzt

In Deutschland gehört Diabetes mellitus neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Rückenschmerzen und Depressionen zu den am häufigsten vorkommenden Krankheiten. Beinahe 9 Mio. Menschen sind an Diabetes erkrankt, plus einer hohen Dunkel­ziffer von etwa 2 Mio. Menschen.

Wenn von Diabetes gesprochen wird, ist meist ein Diabetes mellitus Typ 2 gemeint. 95 Prozent der Menschen mit Diabetes sind daran erkrankt. Dass die Erkrankung insbesondere im Alter (aber auch schon in jungen Jahren) zunehmend vorkommt, wird überwiegend einem ungesunden Lebensstil zugeordnet. Als klassische Risikofaktoren für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes gelten Übergewicht, Bewegungsmangel und Rauchen. Aber auch genetische Faktoren spielen eine Rolle.

Sowohl in der gesellschaftlichen Wahrnehmung als auch bei Betrof­fenen selbst wird Diabetes häufig unterschätzt, schließlich tut die Stoff­wechselerkrankung nicht weh, und äußerlich sieht man sie nicht. Sie ist aber kein kleines Wehwehchen. Ist der Zuckerspiegel des Blutes stets zu hoch, kann dies langfristig die Blut­gefäße, die Nerven und wichtige Organe schädigen. Bei einer Unterzuckerung kann mitunter der Gleichgewichtssinn gestört werden, wodurch sich die Sturzgefahr erhöht.

Schon kleine Veränderungen hin zu einem gesunden Lebensstil helfen, mit dem Typ 2 gut zurecht­zukommen. Doch Ernährungsumstellung, Gewichtsabnahme und Bewegung in den Berufs- und Familienalltag sowie das gesellige Leben zu integrieren, ist in der Landwirtschaft mit zum Teil wechselnden Arbeitsrhythmen und langen Arbeitstagen eine große Herausforderung. So sind beispielsweise klare Absprachen und gute Planung notwendig, damit Mahlzeiten regelmäßig eingenommen werden können.

In den vergangenen Jahren hat sich in der Diabetes-Behandlung viel getan: Neue Medikamente, Systeme zur kontinuierlichen Gewebezuckermessung, smarte Pens zur Insulingabe oder die automatische Insulindosierung verbessern die Lebensqualität von Menschen mit Diabetes. Förderlich sind individuelle Ernährungsempfehlungen, bei denen es nicht mehr um Verbote, sondern um an­gepasste Mengen und Qualität geht. Hinzu kommen Angebote der Krankenkassen, die ihre Versicherten mit Zuschüssen zu Ernährungskursen und -beratungen unterstützen.

Dr. Stephanie Lehmkühler – LW 38/2023