Direktvermarktung boomt

Strukturwandel, immer höhere Auflagen, Preiskampf, mangelnde Wertschätzung, Klimawandel und dann auch noch die Corona-Pandemie haben in den letzten Jahren immer mehr landwirtschaftliche Betriebe dazu bewogen, in die Direktvermarktung einzusteigen. Bundesweit hat sich die Zahl der Direktvermarkter in den letzten zehn Jahren auf rund 25 000 Betriebe ver­doppelt. Sie generieren mit diesem Vermarktungsweg ein wichtiges Einkommensstandbein für ihren Hof.

Einen regelrechten Boom erfuhr die Direktvermarktung mit der ersten Corona-Welle vor fast zwei Jahren. Schnell wurden passende Hygienekonzepte für den Verkauf gefunden, um die steigende Nachfrage nach den regionalen Produkten erfüllen zu können. Dabei kamen die Kunden aus den unterschiedlichsten Gründen: Für die einen war es die Angst, sich im überfüllten Supermarkt anzustecken, die anderen entdeckten das Einkaufserlebnis Bauernhof mit Hofladen als Abwechslung im tristen Homeoffice-Alltag. Aufgrund geschlossener Kantinen musste vermehrt selbst gekocht werden. Frische und Qualität überzeugten. Die Wertschätzung für heimisch produzierte Lebensmittel stieg an.

Das Angebot und die Kreativität der direktvermark­tenden Betriebe ist zum Glück groß: Hofläden, Märkte, Verkaufsstände, Automaten, Marktschwärmereien, Imbisse und Lieferdienste ermöglichen es Verbrauchern, regional und saisonal direkt vom Landwirt zu kaufen – teilweise sogar rund um die Uhr.

Der Corona-Boom bei den Direktvermarktern wird vermutlich wieder abebben. Um jedoch langfristig rentabel zu sein – und auch, um die Neukunden zu halten – lohnt ein Blick auf das eigene Angebot: Grundsätzlich kann sich die Direkt­ver­mark­tung von anderen Einkaufsstätten durch die besondere Atmosphäre auf dem Bauernhof und die Anbindung an den landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieb abgrenzen. Dieses Alleinstellungsmerkmal sollte betont werden. Optische Verbesserungen im Hofladen oder Sortimentserweiterungen sind ebenso abzuwägen wie die Ideen, neue Vermarktungswege oder Kooperationen einzugehen. Weitere Tipps – von der Hofladengestaltung bis zur Warenpräsentation – erhalten Sie in einem Beitrag ab Seite 8.

Dr. Stephanie Lehmkühler – LW 3/2022