Entnahme von Problemwölfen nicht ausblenden

Gerade ist das Wolfszentrum in Hessen ins Leben gerufen worden, und Umweltministerin Hinz hat den Wolfsmanagementplan des Landes vorgestellt. In ihm werden zwar Fördergelder für Schaf- und Ziegenhaltungen sowie für einen erweiterten Grundschutz in Wolfspräventionsgebieten in Form von höheren Zäunen oder Herdenschutzhunden festgeschrieben. Das ist gut und wichtig. Aber es fehlt eine klare Äußerung zur Entnahme von Wölfen, die Weidetiere reißen. Zurzeit gibt es in Hessen lediglich fünf Wolfsterritorien, so dass die Landesregierung das Thema Problemwölfe noch hintenanstellen kann. Das wird sich jedoch angesichts einer jährlichen Bestandsentwicklung von 30 Prozent schnell ändern. Nach Daten der Deutschen Dokumentations- und Beratungsstelle Wolf lebten zum Ende der Monitoring-Jahre 2019/2020 offiziell 128 Rudel, 39 Paare und 9 Einzeltiere in Deutschland. Der Deutsche Bauernverband geht für diesen Zeitraum von einer Wolfspopulation von 1 300 bis 1 800 Tieren aus. Für 2020/2021 rechnet der DBV daher mit 1 600 bis 2 300 Tieren in Deutschland. Und je mehr Wölfe in einem Gebiet leben, desto höher fällt die Zahl der gerissenen Weidetiere aus. Im Jahr 2019 wurden bei 887 Übergriffen rund 2 900 Nutztiere durch Wölfe gerissen oder verletzt.

Ein Blick ins benachbarte Niedersachsen zeigt sehr deutlich, dass der Wolf weder vor Weidetieren Halt macht noch sich von „wolfssicheren“ Zäunen abhalten lässt. Dort werden auch stromgeführte Zäune von 1,20 m Höhe überwunden. Immer mehr Wölfe werden auch tagsüber in Ortschaften oder in deren Nähe gesehen und zeigen keine Scheu vor dem Menschen. Deshalb wäre es gut, wenn die Landesregierung in Hessen sich bereits jetzt mit Maßnahmen zur Vergrämung und zur Entnahme auffälliger Wölfe beschäftigt. Stattdessen wird der Schutz der Weidetiere allein auf den Weidegrundschutz reduziert und die Verantwortung den Tierhaltern überlassen. Für den Erhalt der Weidetierhaltung werden praktikable Regelungen zur Entnahme auffälliger Wölfe gebraucht – am besten in einer bundeeinheitlichen Regelung. Darauf konnten sich die Umweltminister der Länder kürzlich in ihrer Konferenz leider nicht einigen.

Imke Brammert-Schröder – LW 18/2021