Entschlossenheit in der Not
Die Corona-Krise macht – abgesehen von den einschneidenden Maßnahmen zur eigentlichen Pandemie-Bekämpfung – bei der Außerkraftsetzung von Regeln und bei der Bereitstellung von Geldern vieles möglich. Der Bund wird, wenn die Kabinettsbeschlüsse durch den Bundestag und den Bundesrat gehen, unter anderem Mehrausgaben von über 112 Mrd. Euro einplanen, um Betriebe und Privatpersonen zu unterstützen.
Auch der Landwirtschaft steht der Bund bei einem ihrer derzeit drängensten Problemen bei. Die Ausweitung der 70-Tage-Regelung für die sozialversicherungsfreie Beschäftigung wird besonders Sonderkulturbetrieben helfen, ihre Pflanz- und Erntearbeiten erledigen zu können. Die Saisonarbeitskräfte können länger hier arbeiten, und jetzt schon anwesende müssen nicht vorzeitig zurückgeschickt werden. Auch die Erhöhung der Hinzuverdienstgrenze bei Vorruhestand und die Arbeitszeitflexibilisierung werden hilfreich sein. Eine andere Frage ist allerdings, ob genug Arbeitskräfte aus Rumänien, Polen und Bulgarien kommen dürfen oder wollen und ob an deren Stelle genug Einheimische einspringen.
Vor zwei Jahren wurde noch um die Verstetigung der 70-Tage-Regelung gestritten. Arbeitsminister Heil (SPD) wollte zurück zur 50-Tage-Regelung. Dass jetzt eine Erweiterung und die anderen Regelungen kommen, ist auch dem intensiven Einsatz von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner geschuldet und des Berufsstandes, der die Erfordernisse der Landwirtschaft genau beschrieben und Anpassungen mit Nachdruck gefordert hat. Wie schnell und wie effizient hier gearbeitet wurde, verdient ein großes Lob und nährt das Vertrauen in das Krisenmanagement der Bundesregierung und der Verbände.
Über allem steht die Anerkennung der Landwirtschaft als systemrelevant. Diese Anerkennung machte die Beschlüsse möglich und sie hat nebenbei Auswirkungen bei der Aufrechterhaltung des Betriebs bei Quarantänemaßnahmen oder bei der Betreuung der Landwirtekinder. Die Systemrelevanz ist ein Status, den die Bauern mit Selbstbewusstsein aber auch mit Verantwortung gegenüber der Politik und der Bevölkerung repräsentieren sollten.
Cornelius Mohr – LW 13/2020