EU-Vorschläge gefährden Weinbau

Bereits im Juni 2022 kündigte ein Vorschlag der EU-Kommission den Plan an, den Pflanzenschutzmitteleinsatz bis zum Jahr 2030 um 50 Prozent zu senken. Dabei orientiert sich der Verordnungsentwurf (SUR) am Durchschnitt des Mitteleinsatzes in den Jahren 2015 bis 2017. In Schutzgebieten soll Pflanzenschutz komplett verboten werden – ein Drittel der Weinbaufläche wäre davon betroffen. Die massiven Einschränkungen gefährden konventionell sowie ökologisch wirtschaftende Betriebe. Im Anbaugebiet Mosel beispielsweise wären 90 Prozent der Fläche vom Pflanzenschutzverbot betroffen, was das Ende des Weinbaus und des Tourismus bedeuten würde. Die Berichterstatterin des zuständigen Umweltausschusses im Europaparlament, Sarah Wiener (Grüne), will die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nun noch weiter verschärfen und um 80 Prozent senken, was reine Willkür ist. Die Forderung ist so absurd, dass die Weinbaupräsidenten fassungslos reagieren. Sehr irritierend ist für die Winzer, dass sie seit vielen Jahren Mittel einsparen und dies nicht anerkannt, sondern zudem noch bestraft wird, indem man sich an den erreichten niedrigen Werten orientieren will. Eine weitere Reduktion scheint kaum mehr möglich, wenn nicht Produkte und Verfahren etabliert werden, nach denen intensiv geforscht wird. Der Pflanzenschutzmitteleinsatz hängt zudem von der Witterung ab und schwankt von Jahr zu Jahr.

Keinesfalls darf sich die Agrarbranche gegeneinander ausspielen lassen. Alle Betriebe, ob Landwirtschaft oder Weinbau, öko oder konventionell, müssen an einem Strang ziehen. Die Ministerpräsidenten der weinbautreibenden Länder benötigen Rückhalt. Baden-Württemberg will den mit dem Biodiversitätsstärkungsgesetz beschrittenen Weg weitergehen. Auch dieses Gesetz verlangt den Betroffenen schon einiges ab. Viele Politiker sind mittlerweile zuversichtlich, dass das SUR-Vorhaben deutlich abgeschwächt wird. Allerdings steht mit dem im vergangenen Jahr von Brüssel vorgelegten Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Natur Restoration Law) schon die nächste Herausforderung im Raum.

Bettina Siée – LW 11/2023