Europawahl und ländlicher Raum

Die Menschen im ländlichen Raum und die Landwirte haben bei dieser Europawahl noch mehr Gründe, wählen zu gehen und damit die Zusammensetzung des Parlaments mitzubestimmen, als zuvor. Die Umwelt- und Klimapolitik, die maßgeblich europäisch bestimmt wird, hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, Stichwort Green Deal, und betrifft im starken Maße die ländlichen Räume sowie die Flächen und deren Verfügbarkeit. Beispiel ist der Gesetzesvorschlag zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR), der bekanntlich im Parlament gescheitert ist, aber auch das Naturwiederherstellungsgesetz NRL. Ob und wie diese Vorhaben wieder auf die Tagesordnung kommen, hängt auch vom Ergebnis der Europawahl ab. Das Parlament und seine Zusammensetzung muss auch sein Votum für die künftige Kommissionsspitze abgeben, die gegebenenfalls diese Themen vorantreibt. Ein wichtiger Grund für Landwirte wählen zu gehen, ist die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP). Die aktuelle GAP und auch der gegenwärtige Mehrjährige Finanzrahmen laufen noch bis Ende 2027. Die Parlamentarier, die bis 2029 gewählt sind, werden sich deshalb mit den Vorschlägen der Kommission für eine neue GAP auseinandersetzen müssen.

Durch die großen Bauernproteste in Deutschland und in Europa hat die Landwirtschaft im Europaparlament und in der Kommission mehr Verständnis erlangt. Das zeigen die ermöglichten Anpassungen bei der GAP mit der Aufhebung der Stilllegungsverpflichtung und Anpassungen bei den Konditionalitätsvorgaben. Eine gute Wahlbeteiligung im ländlichen Raum wäre folgerichtig und eine Fortsetzung der Demonstrationen.

Parteipolitisch gesehen wäre eine große Beteiligung der eher konservativen Landbevölkerung und eine entsprechende Stärkung der politischen Mitte auch ein Zeichen gegenüber der Ampelregierung, die dabei ist, Brüssel den Rang abzulaufen, was zusätzliche Anforderungen und Bürokratie (Tierschutzgesetz, Waldgesetz, Zukunftsprogramm Pflanzenschutz) anbelangt.

Cornelius Mohr – LW 22/2024