Extremposition
Mit seiner Entschließungsempfehlung zum Verordnungsvorschlag zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) hat der Umweltausschuss im Europaparlament eine Extremposition eingenommen. Er will Pauschalverbote in sensiblen Gebieten, noch schärfere Reduktionsvorgaben als der Kommissionsvorschlag und gleichzeitig eine völlig überzogene Dokumentation und zusätzliche Bürokratie. Die Ausschussvorsitzende Sarah Wiener behauptet zwar, niemand werde zu irgendeiner bestimmten Landwirtschaft zwingen. Ein pauschales Verbot aller chemisch-synthetischen Mittel würde aber in vielen Fällen das Aus der konventionellen Landwirtschaft und des Weinbaus in sensiblen Gebieten bedeuten.
Die Schwere, die die Vorgaben für die Betroffenen bedeuten würde, und die Herangehensweise erinnern an die Vorschläge der Grünen für das bundesdeutsche Heizungsgesetz. Auch hier wurde das Eigentum und seine Werthaltigkeit eklatant missachtet, extreme Zeitvorgaben gemacht und so getan, als gebe es nur ein Mittel zur Zielerreichung (hier die Wärmepumpe, dort pauschale Verbote). Die Bundesregierung musste dann einsehen, dass sie völlig überzogen hatte.
Allerdings war hier die Zahl der Betroffenen in der Relation zur Gesamtbevölkerung viel größer als jetzt beim SUR, wo Landwirte die Zeche zahlen sollen. Und doch werden auch weite Teile der Bevölkerung hellhörig werden, wenn auf der ohnehin rapide abnehmenden Agrarfläche weniger erzeugt wird und die Nahrungsmittel knapper und teurer werden. Manche Kulturarten wie Wein und Gemüse werden in sensiblen Gebieten, und die sind in Deutschland sehr umfangreich, kaum noch erzeugt werden. Zu hoffen ist deshalb, dass das Europaparlament die Empfehlung des Umweltausschusses in dieser Form nicht annimmt. Spätestens im Trilog mit Rat und Kommission muss ein vernünftiger Weg zur Verminderung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln gefunden werden, zu dem ja auch die Landwirtschaft bereit ist. Es wäre zu wünschen, dass sich die Bundesregierung hierbei für ein kooperatives Vorgehen mit den Landwirten einsetzt. Auch die Definition der sensiblen Gebiete ist für Deutschland nicht akzeptabel.
Cornelius Mohr – LW 44/2023