Fairness muss nachhaltig sein

Um ihren Ruf bedacht sind die Konzerne des Lebenmitteleinzelhandels (LEH) schon. Vor zwei Wochen fühlten sich ihre ansonsten hartgesottenen Manager persönlich diskreditiert, als Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner bei der Vorstellung des Gesetzes gegen unlautere Handelspraktiken sagte, dass diese im Lebensmittelhandel vielfach Realität seien und dass der LEH als Goliath gezähmt und die Erzeuger als David gestärkt werden müssten. Nach den zahlreichen Bauernprotesten vor den Lägern des LEH, die in der Berichterstattung wohlwollend begleitet wurden, ist nun ein Stein ins Rollen gekommen. Die Konzernmanager von Rewe und Lidl überschlagen sich mit Vorschlägen über einen fairen Handel und erhöhen sogar die Ladenpreise für Schweinefleisch. Dass der Handel erkennt, wie angespannt die Situation in der Landwirtschaft ist und dass insbesondere die Schweinehalter durch die historisch niedrigen Erzeugerpreise um ihre Existenz bangen, ist positiv. Wenn der Handel die heimische Landwirtschaft als wesentlichen und unabdingbaren Pfeiler der Nahrungsmittelbeschaffung sähe, wäre dies noch besser. Doch dazu müsste das, was die Manager jetzt versprechen – Fair Trade, höhere Bezahlung für höhere Standards, mehr regionale Erzeugnisse in den Läden – nachhaltig umgesetzt werden. Der Bauernverband hat dies in seinem Eckpunktepapier für die künftige Zusammenarbeit mit dem LEH präzise beschrieben. Und damit die schwächere Erzeugerseite nicht vom guten Willen des Handels abhängt, muss sie gestärkt werden. Dazu gehören unter anderem weitergehende kartellrechtliche Möglichkeiten der Erzeugerzusammenschlüsse.

Die Handelskonzerne werden sich bei der Umsetzung ihrer Versprechen ohnehin auf einem engen Pfad bewegen, der mit Blick auf ein gemeinsames Vorgehen vom Kartellrecht und vom EU-Recht vorgegeben ist, das keine Diskriminierung von Waren aus dem EU-Ausland duldet. Und schließlich bleibt die Konkurrenz zwischen den Einzelhandelskonzernen, die bislang von ständigen Preiskämpfen gekennzeichnet war, bestehen. Das zeigt auch das Taktieren von Aldi und Edeka, die sich bislang mit Vorschlägen zurückgehalten oder gar keine Stellungnahme abgegeben haben.

Cornelius Mohr – LW 51/2020