Frauen in der Landwirtschaft

Um die Landwirtschaft geschlechtergerecht gestalten zu können, liefert die Studie zur „Lebens- und Arbeitssituation von Frauen in der Landwirtschaft“ hilfreiche Fakten: Eine zentrale Erkenntnis lautet, dass die Gleichstellung der Geschlechter auf den landwirtschaftlichen Betrieben noch nicht erreicht ist. Obwohl Frauen auf den Betrieben hohe Verantwortung tragen, sind aktuell nur 11 Prozent der Betriebsleitungen weiblich. Bei der vorgesehenen Hofnachfolge beträgt der Frauenanteil nur rund 18 Prozent. Als Gründe wurden festgestellt: veraltete Geschlechterbilder, traditionelle Vererbungspraxen und erschwerter Zugang zu Land und Kapital für Existenzgründerinnen.

Eine weitere Schwachstelle ist laut Studie die soziale Absicherung der Frauen im Alter, bei Scheidung, Trennung oder Tod der Betriebsleitung. Frühzeitige Gespräche mit dem Partner über die notwendigen Absicherungen werden empfohlen.

Bestätigt wird, dass Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben viele verschiedene Rollen übernehmen und vielfältige Leistungen erbringen, ohne dass diese in der Agrarstatistik sichtbar werden. Typische Arbeiten sind: Vermarktung der Ernte, Angebote im Tourismus, Büroarbeiten, Mitarbeiter-Betreuung sowie Care-Arbeiten (Pflege, Haushalt, Erziehung). Sie bringen sich zudem oft als Springerin auf dem Hof und in der Familie ein, wo es nötig ist.

Beachtlich ist, dass die Mehrheit der befragten Frauen ihre Lebenszufriedenheit trotz hoher Arbeitsbelastung und geschlechts­spezi­fi­schem Lohngefälle als sehr hoch einschätzen. Unterstützung verlangt die Tatsache, dass ihre Rollenvielfalt auch zu Überlastungen führen kann: Rund 21 Prozent der befragten Frauen gelten als Burnout-gefährdet.

Die Ergebnisse der Studie tragen dazu bei, die Leistungen und auch die Probleme der Frau­en in der Landwirtschaft sicht­barer zu machen. Sie ebnen den Weg zu einer höheren Wertschätzung ihrer Arbeit in der Gesellschaft sowie auf dem eigenen Betrieb.

Dass die Expertise von Frauen im Bauernverband gefragt ist, belegen mitunter die Fachausschüsse Unternehmerinnen, die es seit Mai beim DBV, alsbald in Hessen und schon seit Längerem beim BWV Süd gibt. Weitere Zeichen, dass der Wandel zu mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Landwirtschaft im Gange ist.

Dr. Stephanie Lehmkühler – LW 39/2022