Gedankenspiele zur Wahl

Etwas mehr als eine Woche vor der Bundestagswahl werden die Gedankenspiele unter den Landwirten intensiver, wie eine künftige Regierung aussehen könnte und inwieweit die gewünschten Änderungen in der Agrarpolitik umsetzbar sind. Viele Übereinstimmungen von Wünschen auf der einen und Versprechungen auf der anderen Seite gibt es sicherlich mit der Union. Sie wird zwar aller Voraussicht nach eine Regierung anführen, ist aber auf mindestens einen Koalitionspartner angewiesen. Die agrarpolitischen Gegensätze zwischen

Union und der SPD sowie der Grünen, die in der laufenden Legislaturperiode hinreichend deutlich wurden, wird bei der Durchsicht der Wahlprogramme nochmals sehr klar, auch die Gegensätze zur FDP übrigens (Agrardiesel, Finanzierung Tierwohl, GAP-Direktzahlungen). Eine Regierung von Union und SPD, die nach derzeitigem Stand nicht unwahrscheinlich ist, hätte aus landwirtschaftlicher Sicht den Vorteil, dass die Sozialdemokraten die wenigen Ministerposten, die ihnen zustehen werden, nicht mit einem Landwirtschaftsminister besetzen würden. Auf der anderen Seite gibt es einige SPD-Agrarpolitiker (auch Ministerpräsidenten), die unideologisch der Landwirtschaft zugewandt sind, was bei den Reaktionen infolge des Regierungsbeschlusses zum Agrardiesel deutlich wurde.

Die Grünen, mit denen eine Koalition unwahrscheinlicher wäre, würden schon eher ein Landwirtschaftsministerium anstreben. Der umgängliche Cem Özdemir (der allerdings die Stoffstrombilanz nicht wie auf der Agrarministerkonferenz versprochen abschaffen, sondern nur umetikettieren will) wird aber nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Wahrscheinlichkeit wäre hoch, dass ein Nachfolger (noch) ideologischer handelt.

Rein rechnerisch – wiederum ein Gedankenspiel – könnten einige Punkte (Wiedereinführung Agrardiesel, Abschaffung Stoffstrombilanz, keine Tierschutznovelle, keine Novelle Bundeswaldgesetz) eine Mehrheit im Parlament bekommen. Doch wechselnde Mehrheiten wären in einer Koalitionsregierung ausgeschlossen. Die AfD, die dazu verhelfen könnte, ist agrarpolitisch mit der angestrebten Renationalisierung der Agrarpolitik und dem Ausstieg aus den Direktzahlungen ohnehin auf dem Holzweg.

Cornelius Mohr – LW 7/2025