Großer Handlungsbedarf im Gesundheitssektor
Der Koalitionsvertrag von Union und SPD umfasst 146 Seiten, auf 8,5 Seiten werden die Themen „Gesundheit und Pflege“ behandelt. Die Koalitionspartner wollen „eine gute, bedarfsgerechte und bezahlbare medizinische und pflegerische Versorgung für die Menschen im ganzen Land sichern“. Dafür planen sie tiefgreifende strukturelle Reformen, wollen unter anderem die Beiträge stabilisieren, für einen schnelleren Zugang zu Terminen sorgen sowie ein verbindliches Primärarztsystem einsetzen, um unnötige Arztbesuche zu vermeiden. Das klingt vielversprechend, benötigt aber in Teilen Geduld bis zur Umsetzung, denn die gesundheitspolitischen Vorhaben sollen zunächst von einer Kommission in ihrer Gesamtwirkung betrachtet werden. Die Experten haben bis Frühjahr 2027 Zeit, um konkrete Maßnahmen vorzuschlagen.
Als eine „Generationenaufgabe“ sieht die Koalition die stetig wachsenden Herausforderungen in der Pflege und plant eine große Pflegereform. Auch hierzu wird zunächst eine Kommission gebildet, die noch in diesem Jahr Ergebnisse liefern soll. So geht viel Zeit ins Land, bis die Kommissionen Maßnahmen vorschlagen, während die Kassen unter massivem Finanzdruck stehen und steigende Beiträge zu Lasten der Versicherten drohen. Schnellere politische Entscheidungen wären hier hilfreicher.
Geplante Maßnahmen in Telemedizin und digitalen Gesundheitsdiensten sind vor allem im ländlichen Raum vorteilhaft, da sie bei Ärztemangel Abhilfe schaffen könnten. Die digitale Infrastruktur ist jedoch teuer und langwierig im Aufbau. Zudem fehlt es in vielen ländlichen Regionen an schnellem Internet, was die Nutzung einschränkt.
Lokale Apotheken zu stärken und den Apothekerberuf als Heilberuf weiterzuentwickeln, ist aus Sicht des ländlichen Raums begrüßenswert. Apotheken sind hier oft die einzige Anlaufstelle in der Gesundheitsvorsorge.
Obwohl die Arbeitsbedingungen und Ausbildungsplätze im Gesundheits- und Pflegesektor verbessert werden sollen, bleibt unklar, ob dies den Fachkräftemangel löst. Ohne gezielte Anreize könnte sich die Lage in ländlichen Gebieten verschärfen.
Abzuwarten bleibt, wie und wann die im Koalitionsvertrag formulierten Maßnahmen, wovon viele unter Finanzierungsvorbehalt stehen, umgesetzt werden und was sie zum Wohle aller bewirken.
Dr. Stephanie Lehmkühler – LW 17/2025