Ideologiefreies Handeln ist gefragt
Der Krieg in der Ukraine wirbelt Weltmärkte und Warenströme durcheinander. Es steht zu befürchten, dass ein großer Teil der bisherigen Exporte aus diesem Land, unter anderem von Getreide und Sonnenblumenöl, auf unbestimmte Zeit ausfällt. In einigen Teilen der Welt drohen Hunger und Lebensmittelknappheit. Auch in Deutschland ist die Ernährungssicherung wieder ein Thema. Mehl und Sonnenblumenöl sind durch Hamsterkäufe im Lebensmitteleinzelhandel ein knappes Gut geworden. Die EU-Kommission hat auf die bevorstehende Verknappung der Lebensmittel reagiert und unter anderem den Anbau von Ackerkulturen auf Ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) zur Ernte 2022 freigegeben.
Viele EU-Mitgliedsstaaten wollen von der Ausnahmeregelung Gebrauch machen und handeln pragmatisch, indem sie den Anbau von Feldfrüchten ohne Einschränkungen zulassen. Die Haltung Deutschlands sticht hier markant heraus. Cem Özdemir kann sich lediglich eine Futternutzung und Beweidung der Brachflächen ab 1. Juli vorstellen. Um die Märkte zu entlasten, wäre allerdings mehr geholfen, wenn auf ökologischen Vorrangflächen Leguminosen sowie Mais als heimische Futtermittel angebaut werden dürften. Und damit vernünftige Erträge und Qualitäten erzeugt werden können, bedarf es auch des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und Mineraldüngern. Das steht allerdings den Biodiversitäts- und Nachhaltigkeitszielen des grünen Landwirtschaftsministeriums entgegen.
Mit dem Anbau von Eiweiß- und Futterpflanzen auf den ÖVF in Deutschland lässt sich eine drohende weltweite Ernährungskrise sicher nicht abwenden. Es könnte aber ein kleiner Beitrag sein, den die anderen EU-Länder ja auch bereit sind zu leisten.
In der Vergangenheit haben Knappheiten und Preisanstiege auf dem Markt immer zu einer Intensivierung der Produktion geführt. Ertragssteigerungen durch Intensivierung sind in Deutschland aber kaum mehr denkbar. Dem stehen die Einschränkungen beim Düngen durch die Düngeverordnung und bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entgegen.
Imke Brammert-Schröder – LW 13/2022