Keine Entlastung für die Tierhalter
Immer höhere Risszahlen hätten ein Handeln nötig gemacht, damit eine Balance zwischen dem Schutz der Weidetiere und den geschützten Wölfen gewahrt werde könne, sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke in der Erläuterung ihrer Vorschläge zum Umgang mit dem Beutegreifer. Man kann sich vorstellen, welche Qual für sie schon dieses minimale Zugeständnis bedeutet, das sie den seit Jahren protestierenden Weidetierhaltern macht. Dabei bleibt ihre Wolfspolitik weiterhin strikt, die Probleme wird sie mit den Vorschlägen nicht lösen. Denn wie soll bei einzelnen möglichen Abschüssen nach Rissen eine Balance entstehen, wenn die Wolfspopulation weiter stark ansteigt? Den Weidetierhaltern bleibt weiterhin nur die Hoffnung, dass die mit immer größerem Aufwand angebrachten Schutzmaßnahmen dem Wolf standhalten. Denn ein entlastendes Bestandsmanagement wie beispielsweise im EU-Land Schweden lehnt Lemke weiter entschieden ab. Dabei gibt es in Deutschland bekanntermaßen schon mehr Wölfe bei einer weit geringeren Besiedlung. Die Ministerin folgt der grünen Ideologie, bei der jeder einzelne Wolf zunächst unantastbar ist. Es geht aber um den Schutz und um den günstigen Erhaltungszustand der Art, nicht um das Individuum.
Die Regelungen, die Lemke vorschlägt, sind bürokratisch und kaum administrierbar. Der Wolf darf nach einem Riss geschossen werden innerhalb von 21 Tagen (von wem eigentlich?), nur im Umkreis von 1 000 Metern und in von den Ländern definierten Regionen. Was passiert, wenn die Begrenzungen wenige Stunden oder Meter überschritten werden? Und ist es nicht eine Aufforderung an Wolfsfreunde, ein Schutzcamp nach einem Riss zu installieren?
Mit der Aussage, dass sie keine Bundes- oder EU-Gesetze ändern will, weil dies zu lange dauere, lenkt sie von ihrem Unwillen und Unvermögen ab, die Gesetze so zu gestalten, dass eine erträgliche Koexistenz von Wolf und Weidetieren möglich ist. Dass sich die Menschen von dieser ideologiegetriebenen Politik immer mehr abwenden, zumal im ländlichen Raum, haben die Wahlen in Bayern und in Hessen gezeigt. Wenn Lemke glaubt, diesen Regelungen dem Vertrauensverlust etwas entgegenzusetzen, liegt sie falsch.
Cornelius Mohr – LW 42/2023