Kommission stößt eine Tür auf
Fast genau fünf Jahre nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs, dass mit der Crispr/Cas-Methode bearbeitete Pflanzen ohne Fremd-Gen als gentechnisch veränderte Organismen anzusehen sind und grundsätzlich den GVO-Verpflichtungen unterliegen, stößt die Europäische Kommission mit ihrem Verordnungsentwurf jetzt eine Tür auf. Brüssel will die GVO-Regulierungen, die faktisch zu einer Blockade der neuen Techniken in Europa geführt haben, für bestimmte Verfahren der Genom-Editierung bei der Pflanzenzucht spürbar lockern. Das fordern Pflanzenzuchtunternehmen und auch der Bauernverband seit Jahren. Ihnen geht es darum, einen Werkzeugkasten zu haben, der die Züchtungsprozesse deutlich beschleunigt, um beispielsweise krankheitsresistentere oder (Wasser-) effizientere Pflanzen für den Anbau entwickeln zu können. Der fortschreitende Klimawandel und die Klimaanpassung erfordere neue Wege, die ohne die modernen Züchtungstechniken nicht zu meistern seien, so die Verbände.
Das sieht offenbar auch die Kommission so. Die Öffnung passt zudem in ihr Vorhaben des Green Deals, der unter anderem wegen der geplanten Einschränkungen des Pflanzenschutzmitteleinsatzes eine Minderung der Nahrungsmittelerzeugung bewirken wird. Brüssel kann so gegenüber seinen Kritikern argumentieren, dass resistentere Pflanzen eine Pflanzenschutzmittelreduktion zumindest zum Teil ertraglich ausgleichen. Nach dem Entwurf der Kommission sollen Pflanzen von Vorgaben des Gentechnikgesetzes ausgenommen werden, die als Ergebnis von gezielter Mutagenese in gleicher Form auch auf natürlichem Wege oder durch konventionelle Züchtung entstanden sein könnten und Eigenschaften haben, die Nachhaltigkeitszielen dienen.
Für den Ökolandbau sollen die so gezüchteten Pflanzen weiterhin verboten sein. Um das sicherzustellen, will die Kommission eine öffentliche Datenbank für derartige Pflanzen erstellen. Mit diesen – nicht ganz konsequenten – Vorschlägen werden die neuen Züchtungsmethoden somit von der Kommission nicht generell gutgeheißen. Die Kritiker, für die die neuen Züchtungsmethoden gleich (gefährliche) Gentechnik sind, wird das nicht beruhigen.
Cornelius Mohr – LW 25/2023