Landwirt als Biotop-Manager?
Die Landwirtschaft hat über Jahrhunderte Lebensräume geschaffen. Viele Arten, die zuvor nur in den Steppen Osteuropas lebten – Hasen, Rebhühner, viele Singvögel, Hamster – konnten durch den Ackerbau, die Grünlandwirtschaft und die Rodung des Waldes hier erst heimisch werden.
Seit den sechziger Jahren hat sich das geändert. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft gehen seitdem Lebensräume und damit Tier- und Pflanzenarten verloren. Ein Weizenacker ist nun einmal in erster Linie eine Fläche zur Nahrungsmittelerzeugung und kein Biotop. Und mit einer Wiese muss durch entsprechende Düngung energiereiches Futter zur Ernährung einer leistungsfähigen Milchviehherde erzeugt werden. Von dieser effizienten Landwirtschaft profitiert die gesamte Gesellschaft: Nahrungsmittel stehen stets und preisgünstig zur Verfügung. Zurück zum Lebensstandard der sechziger Jahre, als jeder Haushalt etwa 30 Prozent seines Einkommens für Nahrungsmittel ausgegeben hat, will niemand mehr.
Naturschutzverbände fordern mit Blick auf den Artenschwund eine flächenmäßige Extensivierung und Ökologisierung der Landwirtschaft. Aber auch der Ökolandbau hat beispielsweise durch die häufige Bodenbearbeitung seine Nachteile. Der Gedanke, Flächen ganz aus der Produktion zu nehmen und in Biotope umzuwandeln, erscheint hier viel interessanter. Sie können ganz bestimmten Zielarten gewidmet und mit Hilfe von Wissenschaftlern gestaltet werden. Und es können sogenannte Trittsteine als Verbindung von Biotopen entstehen. Die Landwirtschaftsflächen können dann intensiv bewirtschaftet werden.
Dass solche Biotope von Landwirten angelegt und betreut werden, hat ebenfalls seinen Reiz: Sie haben die Gerätschaften, um Lebensräume zu gestalten, und als Naturkenner haben sie auch Freude an der Artenvielfalt. Darüber hinaus können sie dauerhafte und verlässliche Vertragspartner sein. Eins ist klar: Der Landwirt muss ein Einkommen erzielen, und die Gesellschaft muss für die Dienstleistung und für die Landumwidmung bezahlen. Nach dem Motto, der Landwirt produziert das, was der Markt verlangt, ist es dann zweitrangig, ob dies eine Naturschutzdienstleistung oder Weizen ist.
Cornelius Mohr – LW 3/2020