Nutri-Score kommt

Nach langjährigen Diskussionen ist jetzt der Weg für die flächendeckende Nutzung eines Nährwert-Kennzeichnungslabels frei: Der Bundesrat hat dem

Nutri-Score vergangene Woche grünes Licht gegeben, sodass Unternehmen das Label ab November rechtssicher verwenden können. Auf vielen Produkten ist die – weiterhin freiwillige – Angabe schon seit Längerem im Handel zu finden. Verbraucher gaben 2019 in Befragungen an, dass das Label im Vergleich zu drei anderen am leichtesten zu verstehen ist.

Zur Berechnung des Nutri-Scores wird die Menge bestimmter ungünstiger und günstiger Inhaltsstoffe eines Nahrungsproduktes ermittelt und miteinander verrechnet. Die Bewertung vom guten A (grün) bis E (rot) auf der Vorderseite der Verpackung sagt allerdings nichts da­rüber aus, ob ein Lebensmittel gesund oder ungesund ist. Um sich ausgewogen und gesund zu ernähren, kommt es auf die Dosis sowie viele weitere Faktoren wie körperliche Verfassung, Alter, Allergien, Unverträglichkeiten an. Auch Regionalität und Saisonalität der Lebensmittel spielen eine wichtige Rolle bei der Lebensmittelauswahl. Aussagen dazu liefert das Label nicht.

Der Nutri-Score kann Verbrauchern lediglich eine erste Orientierung am Marktregal geben. Dazu sollte man wissen, dass es nur sinnvoll ist, Produkte innerhalb der selben Produktkategorie zu vergleichen. Ein Bio-Apfelsaft, der eine C-Be­wertung anzeigt, kann beispielsweise nicht mit einer Light-Cola, die mit „B“ bewertet ist, verglichen werden. Die Kennzeichnung birgt zudem das Risiko, dass Verbraucher grüngelabelte Fertigprodukte bevorzugen, dafür aber von Natur aus zucker- oder fetthaltige Produkte wie Fruchtsäfte oder Rapsöle, die durchaus empfehlenswert sind, verschmähen.

Wie viele Unternehmen werden mitziehen und das freiwillige Label auf ihr Sortiment drucken? Ändern sie gegebenenfalls ihre Rezepturen, um besser abzuschneiden? Der Nutri-Score muss sich bewähren und zeigen, ob er dazu beitragen kann, dass Menschen eher zu Produkten greifen, die zu einer gesünderen und ausgewogeneren Ernährung beitragen. An einer fachkompetenten Ernährungsbildung von Anfang an geht allerdings kein Weg vorbei. Mehr zum Thema in Hof & Familie, Seite X.

Dr. Stephanie Lehmkühler – LW 42/2020