Pflanzenschutz braucht Experten
Wer heute chemischen Pflanzenschutz betreibt, hat es nicht leicht: Durch die risikobasierte Zulassungen gibt es immer weniger wirksame Mittel, die Auflagen zu deren Einsatz werden dennoch immer rigider, die Kosten steigen, starre Reduktions-ziele aus Brüssel schwächen die Wettbewerbsfähigkeit und die Gesellschaft setzt jeden, der mit der Spritze rausfährt, unter Druck. Besonders ärgerlich sind tausende selbsternannte Experten, die ausgebildeten Landwirten erklären wollen, wie sie ihren Job zu machen haben.
Sprachlos machen einen dann aber doch solche Erlebnisse: Diese Woche wurde im Hessischen Rundfunk (HR3) eine Hörerin zugeschaltet, die gegen Moos auf Hofflächen und Terrassen empfahl, diese mit Salz zu bestreuen. Das ist nach Pflanzenschutzgesetz eine nicht zugelassene Anwendung, und ein Landwirt würde für solch einen Verstoß scharf sanktioniert. Eine Klarstellung der Redaktion blieb aus. Und wenn man im Bekanntenkreis darauf aufmerksam macht, dass solche Bekämpfungsmaßnahmen strikt verboten sind, erntet man meistens nur ein Kopfschütteln.
Der (landwirtschaftliche) Pflanzenschutz hat ein offensichtliches Image-Problem – das hat auch die Industrie erkannt. Zahlreiche Projekte von Pflanzenschutzmittelherstellern untersuchen aktuell die Auswirkungen von Pflanzenschutzmaßnahmen auf die Biodiversität, um die Diskussionen um Artenverluste und ihre Ursachen mit harten Zahlen zu unterlegen.
Wichtig für Landwirte ist die Umsetzbarkeit von Umweltschutzmaßnahmen; hierzu wurde zum Beispiel das F.R.A.N.Z.- Projekt vom Deutschen Bauernverband und der Umweltstiftung Michael Otto initiiert (s. S. 24 Hessenbauer bzw. S. 38 Pfälzer Bauer).
Draußen in den Beständen stehen jetzt Fungizidmaßnahmen an. Was im Getreide und in Kartoffeln in dieser Saison möglich und notwendig ist, lesen Sie ab Seite 12. Außerdem steht die Blütenbehandlung im Raps an (S. 8). Hier wird durch angepasste Anwendungszeitpunkte und spezielle Technik (Dropleg-Düsen) ein besonderes Augenmerk auf den Bienenschutz gelegt.
Karsten Becker – LW 15/2023