Staatstragend
Nimmt man die Beteiligung der politischen Entscheidungsträger am Deutschen Bauerntag als Maßstab, so kann man den Bauernverband mit Recht zu den Big Five der Wirtschaftsverbände zählen, wie es der von DBV-Präsident Rukwied formulierte Anspruch ist. Sogar der Kanzler wäre gekommen. Er sagte dem DBV-Präsidenten wegen des Nato-Gipfels persönlich ab. Passend zu der so dokumentierten Bedeutung des Verbandes betonte Rukwied die staatstragende Einstellung des Berufsstandes und den Willen, an einer politischen Wende hin zu weniger Bürokratie, Steigerung des Wirtschaftswachstums, Schutz des Klimas und der Umwelt und an der Rückgewinnung des Vertrauens in die Politik mitzuwirken. Die Bundesregierung habe allerdings nur noch einen Schuss frei, um einen Stimmungsumschwung in der Bevölkerung zu erreichen, stellte Rukwied klar. Die Zusicherung von Landwirtschaftsminister Rainer von der CSU und Umweltminister Schneider von der SPD, konstruktiv zusammenzuarbeiten, lässt hoffen, muss sich aber im Tun beweisen. Zumindest hat Schneider das Kooperative im Umweltschutz und die Zurückhaltung von Flächeninanspruchnahme betont. Dass er als einer der bisher wenigen Umweltminister zum Bauerntag kam, war auch schon ein positives Zeichen. Landwirtschaftsminister Rainer konnte mit den tags zuvor vom Kabinett verabschiedeten Beschlüssen (Ende der Stoffstrombilanz, volle Agrardieselrückvergütung ab 2026 und zusätzliche Mittel für die Berufsgenossenschaft) etwas Konkretes verkünden. Zudem verdeutlichte er seinen guten Willen, die Landwirtschaft voranzubringen. Es bleiben genug Baustellen. Der DBV-Präsident sprach alle dringenden Forderungen des Berufsstandes an (Steuerpolitik, Düngung, Pflanzenschutzmittelzulassung, Tierhaltungskennzeichnung, unnütze EU-Richtlinien). Dass die neue schwarz-rote Koalition nicht die Traumkonstellation ist, wurde auf dem Bauerntag auch deutlich. Der Glaubenssatz des SPD-Fraktionsvorsitzenden Miersch, dass der Mindestlohn generell und so auch bei der Saisonarbeit mit der Würde der Arbeitnehmer verbunden ist, greift zu kurz. Der Berufsstand hat hier konstruktive Vorschläge gemacht, die zu den realen Lebenssituationen der Arbeitnehmer passen.
Cornelius Mohr – LW 27/2025