Technik hilft, Verhaltenstörungen zu erkennen

Schweine mit unkupierten Schwänzen zu halten, ist eine Herausforderung. Betriebsleiter sind seit Juli 2019 verpflichtet, die Notwendigkeit des Kupierens über die Tierhaltererklärung zu belegen. Ein Teil der Betriebe hält bereits Schweine mit Ringelschwänzen, Ziel der EU ist, dass überhaupt nicht mehr kupiert wird.

Mittlerweile wurden viele Praxisversuche für das Halten von Schweinen mit Langschwänzen durchgeführt, ein Wissensnetzwerk gegründet und Empfehlungen erarbeitet. Die Schweinehalter haben vieles davon umgesetzt: sie bieten unterschiedliche Beschäftigungsmaterialien an, haben die Mykotoxinbelastung des Futters durch intensive Reinigung des Getreides reduziert oder zusätzliche Beckentränken installiert. Wo es möglich war, wurden Buchten neu in einen Fress-, Aktivitäts- und Liegebereich strukturiert und bei sommerlichen Temperaturen sorgen die Halter für mehr Küh­lung. Ein intakter Ringelschwanz von der Geburt bis zur Schlachtreife jedes Tieres gelingt jedoch nicht immer. Bei den vorhandenen, oft älteren Stallgebäuden stoßen die umsetzbaren Maßnahmen an (wirtschaftliche) Grenzen.

Wann und warum Verhaltensstörungen auftreten, hat individuelle Ursachen. Und ist der Betriebsleiter nicht zur richtigen Zeit im Stall, kann er nur noch lenkend eingreifen, das Geschehen aber nicht mehr ganz beenden. Hilfe beim Erkennen von Anzeichen und der Analyse von Gründen könnte von Seiten der Technik kommen: Wissenschaftler haben im Rahmen des Projektes Digi Schwein ausgefeilte Sensortechnik und Kameras in Buchten installiert, über die sich Daten zum Auftreten von Schwanz­beißen ablesen lassen sollen. Auch Gesundheitsstörungen sollen früher erkannt werden, die ebenfalls Auslöser für eine Verhaltensstörung sein können. Das Ganze ist für Praktiker jedoch Zukunftsmusik, bei einer Onlinetagung wurde das Projekt vorgestellt. Ein Tierarzt hat für die von ihm betreuten Betriebe eine schneller umsetzbare, wenn auch für ihn zeitaufwändige Lösung gefunden: er installiert auf Anfrage eine Kamera in einer Bucht, wertet die Ergebnisse für den Landwirt aus und erarbeitet gemeinsam mit ihm erfolgreich Lösungen, wie unser Beitrag ab Seite 36 zeigt.

Marion Adams – LW 5/2022