Teure regionale Schlachtung

Die Diskussion um die Einrichtung und den Erhalt von kleinen, regionalen Schlachthöfen, wie sie jetzt infolge der Corona-Infektionen und des Schreckens vor den „Massenschlachtungen“ wieder aufgekommen ist, ist nicht neu. Sie gab es schon in den neunziger Jahren und zu Zeiten von BSE. Das politische Handeln und das Verhalten der Verbraucher waren jedoch nie so nachhaltig, dass es zu einer Trendumkehr gekommen ist. Und so sind in der Zwischenzeit weitere Schlachthöfe, meist zu hohen Kosten von den Kommunen betrieben, dichtgemacht worden. Von damals bis heute hat sich der Fleischmarkt weiter stark verändert. Viele Metzgereien haben geschlossen, die Menschen kaufen entgegen aller Beteuerungen vor allem preis­orientiert und – Aldi hat seit 2000 Frischfleisch im Angebot – immer mehr beim Discounter. Trotzdem gibt es noch regionale Schlachtstätten. Sie füllen eine Nische und versorgen die Fleischereibetriebe, den Fleischhandel, die Gastronomie und machen Lohnschlachtung für Direktvermarkter. Sie sind flexibel, bieten kurze Wege – das ist vor allem gut für den Tierschutz – und können Sonderwünsche wie beispielsweise Warmfleisch für die Wurstherstellung erfüllen. Das sind ihre Vorteile. Ihr Nachteil ist, dass sie bei gleich hohen und teuren Standards bei Hygiene-, Tier-, Emissions- und Arbeitsschutz in puncto Stückkosten weit von den großen Fleischunternehmen abgehängt werden. Gleichwohl ergänzen sich beide – zum Wohl der Erzeuger. Die Konzerne können exportieren und dabei auch Produkte (in China) verkaufen, die hierzulande kaum zu vermarkten sind. Tönnies hat das fünfte Viertel beim Schwein zum Begriff gemacht. Und sie bedienen die Zentralen des Lebensmitteleinzelhandels, die kleine Fleischunternehmen kaum bedienen könnten.

Teure öffentlich betriebene Schlachtstätten gegen den Markt zu installieren, ist aus bisherigen Erfahrungen zum Scheitern verurteilt. Besser ist es, private Unternehmen, handwerkliche Betriebe und Direktvermarkter, die ihre Nische haben, mit behördlichem Wohlwollen, geringeren Gebühren und mit Investitionsförderung zu unterstützen. Wenn die aktuelle Diskussion dies befördern kann, wäre schon etwas gewonnen.

Cornelius Mohr – LW 29/2020