Verantwortung für Beschäftigte übernehmen

Die Beschäftigungsverhältnisse und die Unterbringung von Osteuropäern, die in den großen Fleischunternehmen arbeiten, standen schon seit längerer Zeit unter der Beobachtung der Politik und der Behörden. Bei Kontrollen wurden Überbelegungen von Sammelunterkünften, Wuchermieten sowie Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften festgestellt. Die Untersuchung aufgrund der spektakulären Corona-Infektionszahlen unter den Arbeitern hat dies jetzt in einigen Fällen bestätigt. Für die Fleischindustrie könnte dies erhebliche Folgen haben. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sieht die Ursachen dieser Zustände, die zweifellos für ein hohes Infektionsrisiko sorgen, vor allem in den Werkverträgen, mit denen die Fleischkonzerne Subunternehmer und deren Arbeiter mit der Schlachtung und Verarbeitung beauftragen. Künftig sollen die Fleischunternehmen die Mitarbeiter nach der Vorstellung des Sozialdemokraten direkt anstellen müssen. Noch in dieser Woche könnten Beschlüsse im Bundeskabinett gefasst werden.

Die Frage ist allerdings, ob eine konsequentere Überprüfung des Arbeitsschutzes und von Mindeststandards zur Unterbringung nicht zielführender sind als das pauschale Verbot von Werkverträgen. Sie bringen den Unternehmen Vorteile bei der Kostenkalkulation und Flexibilität. Sie sind damit auch international sehr wettbewerbsfähig. Davon haben in Deutschland bislang vor allem die Verbraucher in Form von preisgünstigen Fleischprodukten profitiert. Und da nicht alle Erzeuger regional vermarkten können, sind auch die Bauern auf wettbewerbsfähige Unternehmen angewiesen, die in der Lage sind, Fleisch am Weltmarkt, insbesondere in China, zu verkaufen. Die politischen Maßnahmen müssen deshalb zum Ziel haben, dass Standards eingehalten werden, die Schlachtung und Verarbeitung aber nicht ins Ausland abwandert.

Generell hat die Corona-Krise ein Schlaglicht auf die Beschäftigung von Osteuropäern und deren Bedeutung für die heimische Ernährungswirtschaft geworfen. Im Fokus stehen auch die Saisonarbeitskräfte. Sie sind jedoch direkt beim Bauern beschäftigt, der die Verantwortung für das Wohl der Mitarbeiter trägt. Diese Verantwortung müssen auch die Schlachtkonzerne wahrnehmen.

Cornelius Mohr – LW 21/2020