Versorgungssicherheit nicht vernachlässigen

Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat weltweite Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion, den Handel mit Agrargütern und auf die Versorgung mit Lebensmitteln. Die Ukraine ist ein Agrarland, das einen Großteil seiner Weizen- und Ölsaatenernte exportiert. Auf dem Getreide-Weltmarkt spielt das Land mit seinen fruchtbaren Schwarzerde-Böden eine große Rolle. Derzeit aber kommt der Betrieb der Häfen am Schwarzen Meer und damit auch der Getreideexport durch die Kriegshandlungen zum Erliegen. Das wird vor allem die Länder in Nordafrika und des Orients treffen, die sich wegen der niedrigen Frachtkosten bislang dort mit Getreide versorgen. Sie müssen sich jetzt teures Getreide von weiter entfernten Häfen besorgen. Viele dieser Staaten sind labil, und ein höherer Getreide- und Brotpreis führt schnell zu Unruhen. Fraglich ist zudem, ob und wie viel die Ukraine in der nächsten Saison an Agrargütern produzieren und exportieren kann. Sind Arbeitskräfte, Treibstoffe, Saatgut und Dünger für die Bestellung der Äcker im kommenden Frühjahr verfügbar?

Von den stark gestiegenen Preisen für Betriebsmittel, die von den Sanktionen des Westens und den Gegensanktionen Russlands weiter getrieben werden, sind unterdessen weltweit landwirtschaftliche Erzeuger betroffen. Nahrungsmittel drohen knapper und teurer zu werden, allein weil weniger gedüngt wird. Für arme Länder wird das zum Problem werden. In Deutschland und der EU wähnt man sich auf der sicheren Seite, weil der Selbstversorgungsgrad mit Nahrungsmitteln (noch) hoch ist. Doch der eingeschlagene Weg geht in Richtung Flächenstilllegung (durch die Konditionalität), Extensivierung (durch die Einschränkung des Einsatzes von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln im Green Deal und die Erhöhung des Anteils an Ökolandbau) und der Verlagerung der Produktion besonders der tierischen Veredlung (wegen immer höherer Standards) ins Ausland. Die Abhängigkeit Deutschlands von Energieimporten wird jetzt schmerzhaft deutlich. Bei der Nahrungsmittelversorgung sollte es nicht so weit kommen.

Cornelius Mohr – LW 9/2022