Weizensorten – Wasser brauchen sie alle
Erst vor zwei Jahren ist es einem internationalen Forscherteam gelungen, das immens große Weizengenom zu entschlüsseln. Dieser Durchbruch ist nicht unwichtig für die weitere Züchtungsarbeit an dieser Frucht, denn durch den Klimawandel werden immer neue Anforderungen an die Sorten gestellt. Trotz der seit Jahrhunderten intensiven züchterischen Bearbeitung der Kultur ist ihre Variabilität noch lange nicht ausgeschöpft; ihr Genom ist etwa fünf Mal so groß wie das des Menschen.
Wie groß die Variabilität ist, zeigt sich jedes Jahr auf unseren Äckern. Hier kommen nicht nur zahlreiche Sorten zum Einsatz, diese werden auch immer unter abweichenden Bedingungen angebaut: Von den Standorteigenschaften und Vorfrüchten über die Bodenbearbeitung, den Saatzeitpunkt und natürlich die jedes Jahr anderen Witterungsverhältnisse variieren die Voraussetzungen, unter denen eine Sorte möglichst stabile Erträge bringen soll.
Ein Versuch zur Stoppelweizeneignung am Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) hat zum Beispiel gezeigt, dass auch zwischen Sorten, die für Weizen nach Getreide als geeignet eingestuft sind, noch Unterschiede bestehen, beispielsweise wenn man die Vor-Vor-Frucht mitbetrachtet.
Ebenfalls wurde untersucht, wie sich die Saatzeit auf die Erträge auswirkt. Auch hier zeigt sich eine hohe Variabilität, vor allem durch unterschiedliche Jahreswitterungen und das zeitliche Auftreten von Niederschlägen. Mal war die Früh- und mal die Spätsaat erfolgreicher.
Auch zum Merkmal Trockentoleranz finden sich interessante Ergebnisse in den Untersuchungen. Beispielsweise konnten trockentolerante Sorten gerade im Dürre-Jahr 2018 ihre Vorteile nicht ausspielen, wenn sie – wie gefordert – spät gedrillt worden waren. Ihnen fehlte genau zum falschen Zeitpunkt das Wasser.
Die Ergebnisse zeigen vor allem, dass die Sortenwahl ein hochkomplexes und teils spekulatives Unterfangen ist und man sich immer auch der Risiken bewusst sein muss. Beispielsweise sind trockentolerante Sorten auch weniger winterhart.
Karsten Becker – LW 39/2020