Wo ist der Ertrag geblieben?

Oder besser gefragt: Wann ist der Ertrag auf der Strecke geblieben? Das dürfte sich so mancher Ackerbauer derzeit fragen, der im Mai bei augenscheinlich guten Beständen auf höhere Erträge gehofft hatte. Vor allem in Hessen ist die Getreide-Erntemenge deutlich hinter dem trockenen Vorjahr zurückgeblieben. Nur der Weizen liegt knapp über Vorjahresniveau – hier kam der nasse und kühle Mai 2020 noch zur Wirkung.

Die Probleme dieser Ernte haben ihre Wurzeln aber teilweise noch im alten Jahr. Die trockenen Bedingungen im Spätsommer 2020 haben oft zu Durchwuchs von Ausfallgetreide und einer verzögerten Strohrotte geführt; teilweise gingen auch Windhalm und Ackerfuchsschwanz durch, weil die Bestände nur schwer in Gang kamen.

Das aktuelle Jahr ist zwar bisher grundsätzlich deutlich feuchter als es die vorherigen waren, aber die Zick-Zack-Witterung mit schnellen Abfolgen von Nässe, Frost und Hitze hat die Kulturen viel Vitalität gekostet, sodass der Rückstand der Herbstaussaat nicht komplett kompensiert werden konnte.

Unter anderem hat diese Gemenge-Wetterlage auch während der Blüte der Getreidearten zu Problemen geführt; beispielsweise wurde Anfang Juni auf den Braugerstenrundfahrten vermehrt Laternenblütigkeit beobachtet, die bei einem Großteil der Ähren jeweils ein bis zwei Körner weniger bedeutete. Außerdem waren die Getreidebestände zwar gut bestockt, allerdings nicht besonders gut bewurzelt. Auch das hat Ertrag in Form von schwachen Hektoliter-Gewichten gekostet. Zu „guter“ Letzt kam noch ein später aber heftiger Ramularia-Befall hinzu, der das schwache Ergebnis vor allem der Wintergerste besiegelte.

Hoffnung machen dagegen die guten Aussichten bei Futterpflanzen, vor allem beim Mais, der sich bisher prächtig entwickelt.

Insgesamt zeigt dieses Anbaujahr, dass zu einer guten Ernte viele Faktoren gehören, die nicht immer im Einflussbereich des Anbauers liegen. Es wird aber auch deutlich, dass Einschränkungen bei der Düngung und im Pflanzenschutz diese Risiken noch verstärken können.

Karsten Becker – LW 31/2021