Mit maßvoller Politik abholen

Das neue Jahr 2024 ist auch ein Wahljahr. Neben den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, die alle im September stattfinden, steht im Juni die Europawahl an, die für die Landwirtschaft von großer Bedeutung ist. Es werden nicht nur die Abgeordneten in das Parlament gewählt. Im Nachgang müssen auch die Mitglieder der Kommission neu nominiert und vom Parlament bestätigt werden. Die Arbeit der europäischen Organe haben die Bauern im vergangenen Jahr besonders intensiv bei der Gesetzgebung über die Wiederherstellung der Natur (NRL) und zur Verminderung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes (SUR) erleben können – vielfach mit großem Schrecken. Die SUR-Vorschläge der Kommission mit schon sehr weitgehenden Bewirtschaftungs-Einschränkungen wurden vom Umweltausschuss nochmals drastisch verschärft. Schließlich gelang es, auch durch die effiziente Lobbypolitik des Berufsstandes, diese Gesetzesvorlage – vorerst – abzuwenden. Die ideologiegetriebene Verbotspolitik der grünen Politikerin Wiener aber hat zu einem (weiteren) Vertrauensverlust in die europäische Gesetzgebung bei der eigentlich proeuropäisch eingestellten Landwirtschaft geführt. Da auch andere europäische Politikfelder wie Energie oder Migration sehr ideologiegetrieben sind, schwindet die Akzeptanz bei den Bürgern insgesamt. Europaskeptiker und -gegner haben bei den Umfragen zur Europawahl stark zugelegt. Ein entsprechendes Ergebnis könnte zu einer noch stärkeren Fragmentierung des Europaparlamentes und zu einer Blockade führen, die niemandem nützt. Warnungen insbesondere von rot-grüner Seite, rechte Parteien zu wählen, sollten deshalb mit der eigenen Einsicht einhergehen, dass man die Menschen mit einer vernunftgeleiteten und maßvollen Politik abholen muss.

Diesen Gedanken hat die CDU nach der Hessenwahl mit ihrem Schwenk weg von den Grünen hin zur SPD in Konsequenz umgesetzt. In den hessischen Sozialdemokraten hat sie einen Partner gefunden, dem ebenfalls an einer Stärkung des ländlichen Raums und der Landwirtschaft auf eine kooperative Weise gelegen ist – das lässt der Koalitionsvertrag erwarten, mit dem die neue Landesregierung am 18. Januar antritt.

Cornelius Mohr – LW 1/2024