Überzeugungsarbeit
Der Ausgang des Abstimmungsmarathons im Europaparlament mit der faktischen Ablehnung des Kommissionsvorschlages zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (Sustainable Use Regulation, SUR) ist ein Ergebnis der intensiven und monatelangen Lobbyarbeit des Bauernverbandes auf allen politischen Ebenen. Es stand sehr viel auf dem Spiel.
Die Überzeugungsarbeit bei den Abgeordneten hatte dazu geführt, dass in der Vorlage, die zum Schluss zur Abstimmung stand, überraschend deutliche Änderungen am Kommissionsvorschlag vorgenommen wurden. Das betraf das Zieljahr für die Reduktion, den Referenzzeitraum, eine Einschränkung der Ausweisung sensibler Gebiete, was besonders für Deutschland wichtig war, sowie den Ausschluss von pauschalen Verboten in diesen Gebieten. Stattdessen sollte ein kooperativer Ansatz im Mittelpunkt stehen.
Ob jetzt die Ablehnung in Bausch und Bogen besser oder die Nichtannahme des stark im Sinne der Landwirtschaft verbesserten Vorschlages zu bedauern ist, wird sich weisen. Es wird voraussichtlich auf einen neuen Kommissionsvorschlag hinauslaufen, der aber höchstwahrscheinlich nicht mehr in dieser Legislaturperiode kommt. Nach der Europawahl im Frühjahr nächsten Jahres werden die Karten neu gemischt.
Ein Sieg des Bauernverbandes ist die Ablehnung des Parlaments nicht, weil er sich ja zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln bekennt. Der Berufsstand ist in den betreffenden Länderinitiativen mit ihren kooperativen Ansätzen mit eingebunden. Es ist vielmehr eine schlimme Niederlage der für Österreich im Parlament sitzenden grünen Sarah Wiener, die als Berichterstatterin des Umweltausschusses mit pauschalen Verboten, noch strikteren Reduktionszielen und einer neuen Dokumentationsbürokratie völlig überzogen hatte.
Dass sie im Anschluss an die Abstimmung gegen ihre politischen Gegner giftet und die Entscheidung einen schwarzen Tag für die Befreiung der Landwirte von der Agroindustrie nennt, zeigt ihre stark verengte Wahrnehmung und ihr Feindbild-Denken. Dass sie einer Kooperation mit der Landwirtschaft im Naturschutz misstraut, ist da kein Wunder.
Cornelius Mohr – LW 48/2023